Biodiversität
Lebensraum Totholz
Das Naturwaldreservat Schönwald befindet sich in der Nähe von Kottgeisering im Landkreis Fürstenfeldbruck.
Weil dort die forstliche Nutzung komplett eingestellt worden ist, gibt es hier sehr viele natürlich absterbende und tote Bäume. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) erforscht diesen Wald. Dabei sind Vögel, Insekten und Pilze, die in oder von abgestorbenem Holz leben, von besonderem Interesse. Denn solche Arten sind selten geworden.
Die Forschung in den Naturwaldreservaten liefert wichtige Erkenntnisse für eine naturverträgliche Waldbewirtschaftung. Denn dem Artenschutz dienende ökologische Nischen sollen auch im bewirtschafteten Wald erhalten und gefördert werden. Die letzte Bundeswaldinventur hat herausgefunden, dass die bayerischen Wälder in den letzten Jahren naturnäher geworden sind.
Astloch
An dieser Buche ist ein Ast abgestorben und schließlich abgefallen. In die so entstandene Wunde gelangen Pilzsporen und der Pilz dehnt sich in den Stamm hinein aus. Das morsch werdende Holz erleichtert es den Spechten, Höhlen zu bauen. Diese Höhlen sind ein wichtiger Unterschlupf auch für andere Tiere: Siebenschläfer, Fledermäuse, Hohltauben, Meisen, Wildbienen, Hummeln und viele andere.
Unter der Rinde
Buchen an südlichen Bestandsrändern bekommen gelegentlich einen „Sonnenbrand“. Die Rinde trocknet aus und löst sich allmählich ab. Die so entstehenden Rindentaschen sind beliebter Unterschlupf für Käfer oder gar Fledermäuse. Im Bild sind die typisch sternförmig auslaufenden Fraßgänge des Kleinen Buchenborkenkäfers zu erkennen. Die Bohrlöcher stammen von holzbewohnenden Käfern. Tote Bäume sind mit Bohrmehl manchmal richtiggehend bestäubt.
Zunderschwamm
Zunderschwämme sind die auffälligsten holzzersetzenden Pilze an geschwächten Buchen und anderen Laubhölzern. Wo die Rinde verletzt ist, dringt der Pilz in den Baum ein und ernährt sich von dessen Holz. Befallene Bäume können Jahrzehnte mit dem Pilz leben, brechen dann aber schließlich doch ab. In der Folge entwickelt sich der Pilz im liegenden Stamm weiter. Die Buche ist eine Baumart, an der sehr viele Pilze vorkommen - es sind über 250 Arten. Die Deutsche Mycologische Gesellschaft berichtet von 119 Pilzarten und Varietäten, die sie allein im Gebiet des Schönwalds gefunden hat.
Vielseitig verwendbar
Die Fruchtkörper des Zunderschwamms können bis zur Größe eines Brotleibs heranwachsen. Sie wurden früher zu Zunder verarbeitet und zum Feuermachen verwendet. Schon der berühmte „Ötzi“ führte Zunderschwamm mit sich. Im Mittelalter nutzte man den Pilz wegen seiner ledrigen Beschaffenheit für die Herstellung von Hüten und Westen. Der Zunderschwamm ist kein Speisepilz, weil er sehr bitter schmeckt. Es werden ihm jedoch vielfältige medizinische Wirkungen nachgesagt. Auf alle Fälle scheinen Käfer den Zunderschwamm sehr zu lieben. Bei einer Untersuchung in Norwegen fand man über 30 Käferarten, die sich von den Fruchtkörpern des Zunderschwamms ernährten.
Höhlenbaum
Die meisten Spechtarten bauen sich jedes Jahr neue Höhlen. Der große Schwarzspecht nutzt dagegen seine Höhlen länger. Verlassene Spechthöhlen sind begehrter Wohnraum für Generationen anderer Tierarten. Im Verlauf der Jahre werden die Höhlenbäume zunehmend morsch. Holzbrütende Insekten durchbohren sie und Pilze bauen das Holz ab. Die Höhle wird zur Mulmhöhle. Sie ist angefüllt mit Holzbröseln und Insektenkot. Das ist der ideale Lebensraum für den extrem spezialisierten und dementsprechend seltenen Juchtenkäfer, auch Eremit genannt.
Dieser Käfer kommt überwiegend an Eiche, aber auch an anderen Laubhölzern vor. Entscheidend für ihn ist, dass wirklich sehr viel Mulm vorhanden ist und ihm die Höhle möglichst lange erhalten bleibt. Weil Mulmhöhlen sehr selten sind, ist es für den Eremiten schwierig, ein Ersatzquartier zu finden.
Der Baum kehrt zur Erde zurück
Spätestens wenn die die Wurzeln abgefault sind, fällt der tote Baum um. Nun haben die holzzerstörenden Pilze wegen der Bodenfeuchte leichtes Spiel. Allmählich löst sich der Stamm auf. Die im Baum enthaltenen Nährelemente und vor allem auch der Kohlenstoff werden Bestandteil des Oberbodens. Der so entstehende Humus ist sehr wichtig für die Bodenfruchtbarkeit. Sie kommt der nächsten Waldgeneration zugute.
Auf eigene Gefahr
Am Rande des Naturwaldreservats sind Schilder aufgestellt, die auf die Risiken herabfallender Äste oder gar umstürzender Bäume hinweisen. Jeder Waldspaziergang – nicht nur im Naturwaldreservat – erfolgt grundsätzliche auf eigene Gefahr. Am besten Sie bleiben auf den Wegen. Von dort hat man wunderbare Ausblicke.
Schützen und Nützen
Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre es undenkbar gewesen, Holz im Wald „verrotten“ zu lassen. Heute wird es zunehmend selbstverständlich, Biotopbäume zu erhalten. Auch sonst kann sich der Beitrag der Forstwirtschaft für die Biodiversität sehen lassen. Die Baumartenvielfalt und die ökologisch besonders wichtigen Starkholz- und Totholzvorräte nehmen zu. Seltene Baumarten wie die Elsbeere werden gefördert.
Die Waldpflege lockert das Kronendach auf und verhindert so das Ausdunkeln der Bodenvegetation. Regelmäßige Durchforstungen lassen die Bäume schneller in Dimensionen wachsen, wie sie nicht nur der Schwarzspecht sondern auch Raufußkauz, Hohltaube und Dohle als Höhlenbrüter brauchen.
Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald)
Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) honoriert freiwillige Leistungen, die Eigentümer oder Nutzungsberechtigte für den Natur- und Artenschutz in Wäldern erbringen. Ziel dieser Förderung ist es, die Vielfalt an Arten und Lebensräumen zu erhalten und zu entwickeln. Dazu gehören unter anderem auch der Erhalt von Biotopbäumen und das Belassen von Totholz. Wenn Sie Fragen oder Interesse haben, am Vertragsnaturschutzprogramm Wald teilzunehmen, wenden Sie sich bitte an Ihr zuständiges Forstrevier oder die Untere Naturschutzbehörde.
Sonstige Quellen
- BaySF (2013): Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb Landsberg
- BayStMELF (2015): Praktischer Naturschutz im Privat- und Körperschaftswald
- Gerhardt, E. (1997): Der große BLV Pilzführer
- Kuhnt, A. (2012): Myxomyceten im Naturwaldreservat "Schönwald" in Z. Mykol. 78 (1)
- LWF (2014): Nachhaltig und naturnah
- Scherzinger, W. (2016) über Uraltbäume in NATIONALPARK 2/2016
Eindrücke aus dem Naturwaldreservat