Waldbesitzer-Portraits
von S.Schulz-Könicke

Leonhard Mösl begutachtet eine Tanne

Leonhard Mösl begutachtet eine Tanne

Den allergrößten Teil der etwas über 9000 Hektar Wald im Landkreis Dachau bewirtschaften private Waldbesitzer. Vier davon stellt das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in einer Artikelreihe vor.

Annette Haniel steht als Diplom-Forstwirtin in einer männerdominierten Branche ihre Frau. Die zahlreichen Erholungssuchenden in ihrem Wald bei Haimhausen heißt sie herzlich willkommen, bittet sie aber darum, selbst ein bisschen mitzudenken.

Prof. Dr. Hans-Günter Gruber ist Moraltheologe, Hochschulprofessor, Nebenerwerbslandwirt und Waldbesitzer. Er bezeichnet sich selbst als „Grenzgänger“ und denkt über die kommenden Jahrzehnte hinaus.
Siegfried Achter kann sich mehr als glücklich schätzen. Dank der Zusammenarbeit mit seinem Jagdpächter Martin Obeser können junge Buchen in seinem Wald ohne Zaun aufwachsen. Im Landkreis Dachau mit seinen hohen Rehwildbeständen ist das geradezu eine Sensation.
Leonhard Mösl hat ein Faible für fremdländische Baumarten, die er vereinzelt am Wegesrand pflanzt. Fit für die Zukunft und den Klimawandel macht er seinen Wald aber mit heimischen Baumarten. Vier Fünftel seines Waldes hat der Vorsitzende der Waldbauernvereinigung schon in klimastabile Mischbestände umgebaut.

Zu Gast im Wald bei Annette Haniel

Die Fichten mussten wegen Borkenkäferbefalls weichen, der natürlich angesamte Bergahorn ist schon am Start: Annette Haniel freut sich, wenn Waldumbau wie von selbst funktioniert.Zoombild vorhanden

Annette Haniel freut sich, wenn Waldumbau wie von selbst funktioniert

Die Forstfrau mit Leib und Seele bewirtschaftet ihren Wald selbst
Haimhausen - „Da ist viel Leidenschaft im Spiel.“ Annette Haniel ist Forstfrau mit Leib und Seele. Sie hat Forstwissenschaften in Weihenstephan studiert, ihre 200 Hektar Wald rund um Haimhausen bewirtschaftet sie selbst. „Das macht mir einfach Spaß.“ Wer glaubt, dass die Forstwissenschaftlerin vom Schreibtisch aus die Waldarbeiten delegiert, der täuscht sich gewaltig. Annette Haniel legt selbst Hand an, sei es beim Pflanzen oder bei der Pflege der Jungbestände. „Nur Bäume fälle ich selber keine.“

Dafür beauftragt sie Forstunternehmer. Die großen Maschinen im Wald seien zwar für viele Waldbesucher nach wie vor befremdlich. „Aber das Gute daran ist: Es gibt viel weniger Unfälle als früher, und außerdem ist es besser für die Naturverjüngung.“ Selbstverständlich bleiben die Maschinen auf den ihnen zugewiesenen Rückegassen. So bleiben die Bodenschäden darauf beschränkt, die übrigen Waldflächen unbeschadet.
„Der Wald hat viele Funktionen“, sagt Haniel, die rund um Haimhausen einen „gigantischen Freizeitdruck“ verzeichnet. „Es wird immer mehr. Alle wollen den Wald genießen, und das dürfen und sollen sie auch. Aber es ist ein Miteinander“, betont die Waldbesitzerin. Sie wünscht sich, dass die Leute einfach ein bisschen mitdenken. „Es wird auch viel kaputtgemacht“, bedauert sie. Allerdings hat sie auch die Erfahrung gemacht: „Wenn man mit den Leuten redet und ihnen etwas erklärt, dann sind sie in der Regel sehr interessiert und verstehen die Zusammenhänge auch.“ Hauptsächlich Jogger, Radfahrer oder Hundebesitzer treffe sie in ihrem Wald. „Viele Hunde sind gut erzogen, ein paar schlecht. Das fällt dann halt auf.“ Auch mit den Reitern könne sie gut. Viele verstünden allerdings nicht, warum sie auf den Wegen bleiben sollen. „Die Leute glauben, so ein Trittsiegel eines Pferdes sei etwas ganz Natürliches. Aber es verdichtet den Boden stark und richtet Schaden an.“ Viel schlimmer findet sie allerdings Motorrad- und Quadfahrer im Wald. „Die haben dort eigentlich nichts zu suchen.“ Alle anderen seien aber herzlich willkommen im Wald.
Annette Haniel baut ihren Wald sukzessive um, damit er dem Klimawandel trotzen kann. Sie habe wenig alten Laubbestand, Hauptbaumart sei die Fichte. Die will sie nicht verteufeln, „allerdings hat sie nur auf Spitzenstandorten eine Zukunft“. Überall anders wird sie von Baumarten abgelöst, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen. Die müssen nicht unbedingt angepflanzt werden. Haniel ist dank alter Samenbäume in der glücklichen Lage, die Naturverjüngung solcher Baumarten nutzen zu können. So zum Beispiel bei einem frischen Fichten-Hieb. Hier hat der Buchdrucker, eine Borkenkäferart, zugeschlagen. Etliche etwa 50 bis 60 Jahre alten Fichten mussten gefällt werden. Aber: Unter den Fichten hatte sich schon Bergahorn angesamt, die jungen Laubbäume sind schon mehrere Meter groß. „Gesicherte Naturverjüngung“ heißt das. In diesem Fall hat sich der Wald quasi selbst umgebaut – kostenlos und ohne Arbeit. Perfekt.
Bitte mitdenken beim Waldbesuch!
„Weißt du, was ein Wald ist? Ist ein Wald etwa nur zehntausend Klafter Holz? Oder ist er eine grüne Menschenfreude?“ Diese Frage stellte Bertold Brecht in den 1940er Jahren in einem Theaterstück. Der Wald ist beides. Und noch viel mehr. Der Wald schützt das Klima, den Boden, das Trinkwasser. Er bietet Lärm- und Sichtschutz und filtert Staub und Gase aus der Luft. Er prägt das Landschaftsbild und ist Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten.
Die Waldbesitzer kümmern sich um den Wald und produzieren Holz. Bauholz, Möbelholz und Brennholz zum Beispiel. Sie pflanzen Bäume, sie bauen und unterhalten Wege. Und die wiederum nutzen Erholungssuchende zum Joggen, Wandern, Radeln, Reiten. Sie finden Ruhe, frische Luft und Entspannung. Im Herbst auch Pilze oder Beeren.
Menschen sind zu Gast im Wald. Seine Pflanzen und Wildtiere sind auf die Rücksicht dieser Gäste angewiesen.
  • Schon kleine, vermeintlich harmlose Unachtsamkeiten können großen Schaden anrichten, beispielsweise weggeworfene Bonbon-“Papierchen“. Vögel verwenden sie zum Nestbau, auf den Kunststoff-Folien staut sich Regenwasser. Die Küken unterkühlen im nassen Nest und sterben.
  • Die meisten Tiere sind in der Dämmerung aktiv – und sind dann besonders störungsempfindlich.
  • Freilaufende Hunde stellen zu jeder Tageszeit ein großes Problem für die Tierwelt dar. Sie bleiben besser an der Leine.
  • Vor allem im Frühling, wenn überall versteckt in den Kinderstuben die Jungen aufwachsen, sind Wildtiere auf sehr viel Ruhe angewiesen. Bitte auf den Wegen bleiben.
  • Die Gefahr von Waldbränden ist nicht zu unterschätzen. Gerade in niederschlagsarmen Wintern und im Frühjahr ist die Gefahr groß. Trockene Laubstreu und Gras entzünden sich leicht. Offenes Feuer im Wald ist ganzjährig verboten. Von März bis Oktober darf außerdem nicht geraucht werden.
  • Radfahrer, Reiter und anderweitig „mobile“ Waldbesucher sollten auf den Wegen bleiben. Waldboden ist sehr empfindlich. Auch „das eine Mal“, bei dem diese Regel missachtet wird, hinterlässt bleibende Schäden.

Vernunft, die sich rechnet

Siegfried Achter hat gut Lachen: Um seinen Buchen-Nachwuchs muss er keine Zäune bauen.Zoombild vorhanden

Siegfried Achter vor seinen Buchen

Waldbesitzer Siegfried Achter und Jäger Martin Obeser ziehen an einem Strang für einen gesunden Mischwald
Rudersberg/Altomünster – Die meisten Waldbesitzer im Landkreis Dachau müssen ihre jungen, gepflanzten Laubbäume mit teuren Zäunen vor naschhaften Rehen schützen. Nicht so Siegfried Achter aus Rudersberg. Er baut keine Zäune mehr, wenn er Rotbuchen pflanzt. Bestehende Zäune hat er abgebaut. „Mein Jäger hat mir garantiert, dass die Buche ohne Zaun hochkommt. Also hab ich gesagt, wir probieren es. Und es funktioniert.“ Was Achter wie beiläufig erzählt, ist geradezu eine Sensation für den Landkreis Dachau mit seinen hohen Rehwildbeständen.

Siegfried Achter liebt seinen Wald und baut ihn seit Jahren von einer Fichten-Monokultur in einen stabilen Mischwald um, der mit der Klimaerwärmung deutlich besser zurechtkommen wird als Fichten-Reinbestände. Er tut es „aus Spaß an der Freude. Aus Begeisterung an der Vielfalt. Und aus innerer Überzeugung“. Wenn er nicht täglich rauskommt in seinen Wald, „dann fehlt mir was“.
Ein ganz wesentliches Element beim Waldumbau sind sogenannte „Vorbau“-Flächen. Dabei werden schattenverträgliche Baumarten wie Tanne oder Rotbuche im Schutz der Fichten-Altbestände gepflanzt. Frost, Sonne oder Sturm können dann den jungen Bäumchen nichts anhaben. Vorbauten sind ein hervorragendes Mittel, frühzeitig stabile Bestände zu begründen.
Jagdpächter Martin Obeser aus Wollomoos hat Waldbesitzer Achter davon überzeugt, seine jungen Rotbuchen nicht mehr einzuzäunen. Die jungen Rotbuchen sind gesund, vital und vor allem: nicht verbissen. Beim Spaziergang durch Achters Wald – etwas über 20 Hektar nennt er sein Eigen - fällt außerdem auf: Außer den gepflanzten Buchen wachsen auch kleine Vogelbeeren, Eichen, natürlich angesamte Buchen und allerlei andere Baum- und Straucharten. Die hätten sicher keine Chance, wenn der Rehwildbestand nicht stimmen würde. Allein die besonders verbissanfällige Tanne braucht noch Zaunschutz.
Damit das so funktioniert, arbeiten Achter und sein Jagdpächter Martin Obeser zusammen. „Das klappt nur, wo das Reh auch Dickungen hat zum Verstecken, wo ein Holunder auch mal stehen bleibt und der Rehbock sein Geweih daran fegen kann“, erklärt Obeser. „In Monokulturen aus reiner Fichte, wo ich vorne reinschaue und hinten raus – da funktioniert es hundertprozentig nicht.“ Natürlich müsse man als Jäger auch dahinter sein: „Man muss halt schauen, wo man schießt und was man schießt. Wenn man da zwei damische Böcke hat, die fegen wie verrückt, dann muss man die beiden halt schießen.“ Dafür reiche es aber nicht, sich nur einmal in der Woche abends auf den Hochsitz zu setzen. „Ich muss mich als Jäger schon beschäftigen mit dem Rehwild und seinem Lebensraum.“
Es gebe genügend Wälder, „die sind total aufgeräumt, drumherum nur Maisfelder“, beklagt Obeser. „Wo soll das Wild denn hin?“ Hier bringe Zwischenfrucht-Anbau sehr viel: „Der Senf, der über den Winter stehen bleibt, bietet den Rehen viel Deckung und Äsung in der Flur.“ Sie müssten im Winter dann nicht so stark in den Wald zurückweichen, der Verbiss dort geht zurück. „Wenn alle ein bisserl vernünftig wären, dann würde es schon gehen.“ In seinem rund 950 Hektar großen Jagdrevier seien das aber bei weitem nicht alle Waldbesitzer – „leider“.
Dabei würde es sich monetär rechnen: Für den Umbau seines Fichtenwaldes in einen klimatoleranten, zukunftsfähigen Mischwald entstehen Siegfried Achter fast keine Kosten: „Mit den Fördergeldern, die es dafür gibt, komme ich, zumindest bei der Buche, hinten mit einer schwarzen Null raus. Sogar dann, wenn ich die Bäume von einer Forstbaumschule pflanzen lasse.“
Diese Rechnung geht aber nur auf, weil dank Martin Obeser kein Zaun gebaut werden muss. Der wäre nämlich teuer: Mit Aufbau, laufender Kontrolle, Abbau und Entsorgung schlagen da nicht weniger als zehn Euro zu Buche – netto und pro Laufmeter.
Wildverbiss ist ein Problem für den Waldumbau
Landkreis Dachau - Rehe fressen im Winter gerne die Knospen junger Bäume. Manche Baumarten schmecken ihnen besonders gut, andere wiederum nicht so sehr. Rehe sind eben Feinschmecker.
Unglücklicherweise sind es gerade die Tanne und Laubbäume, die bevorzugt angeknabbert werden. Fichten, die es in Hülle und Fülle gäbe, schmecken ihnen dagegen nicht so gut. Also sind genau die Baumarten am meisten vom Wildverbiss betroffen, mit denen Waldbesitzer ihre im Klimawandel gefährdeten reinen Fichtenwälder in stabile Mischwälder umbauen könnten. Und das ist ein großes Problem.
Seit 1984 ermitteln die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) die Verbiss-Situation in den Wäldern Bayerns. Die Tendenz im Landkreis Dachau ist zwar positiv: Junge Fichten können inzwischen ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen. Das große Aber: Mischbaumarten wie Buche, Stieleiche und vor allem die Tanne werden nach wie vor stark verbissen. Damit bleiben sie im Wachstum stark hinter den Fichten zurück und gehen oftmals ein. Was übrig bleibt, sind wieder reine, höchst risikobehaftete Fichtenwälder.
Diese Entwicklung bedeutet erkleckliche finanzielle Einbußen für die Waldbesitzer: Mischbaumarten, die sich natürlich und damit kostenlos durch Samenanflug einfinden oder vom Eichelhäher verbreitet werden, haben kaum eine Chance. Die alten Samenbäume wären vielerorts vorhanden – von ihrem Nachwuchs ist aber in der Regel kaum etwas zu sehen. In der Regel müssen die erwünschten Baumarten gepflanzt werden. Das geht in den allermeisten Fällen nicht ohne teure Zäune.
Bäumchen, deren Leittrieb verbissen wurde, werden oft zwar auch groß – aber durch den Verlust des Leittriebs sind sie sehr oft deformiert. Sie wachsen als sogenannte „Zwiesel“, also in Form eines „Y“. Das bedeutet einen immensen Qualitätsverlust, was sich später beim Holzverkauf massiv im Preis niederschlägt.
Dabei wäre der Landkreis Dachau vom Klima und von den Böden her bestens geeignet für baumartenreiche Mischwälder. Dank der finanziellen Förderung wäre der aktive Waldumbau durch Pflanzung in der Regel auch kostengünstig zu bewerkstelligen.
Wenn die Jagdgenossen – das sind die Grundstückseigentümer eines Jagdreviers – und die Jagdpächter gemeinsam an einem Strang ziehen, dann haben auch Mischbaumarten die Chance, unbeschädigt aufzuwachsen. Wenn die Waldbesitzer alte Samenbäume erhalten und dichte Mischbestände kräftig pflegen, wenn die Jäger Verbiss-Schwerpunkte identifizieren und sich dort häufiger zur Jagd ansetzen, dann ginge der Umbau der Fichtenforste im Landkreis in zukunftsfähige Wälder leichter, billiger und manchmal auch fast ein bisschen wie von selbst. So wie bei Siegfried Achter und Martin Obeser.

„Waldbesitz bedeutet Verantwortung für Generationen“

Denken über die nächsten Jahrzehnte hinaus: Waldbesitzer und Moral- Theologe Hans-Günter Gruber und sein Sohn Simon pflanzen Eichen.Zoombild vorhanden

Hans-Günter Gruber mit Sohn

Moraltheologe Hans-Günter Gruber: Grenzgänger zwischen Hochschule, Wald und Feld
Sittenbach – Er ist Moraltheologe, Hochschullehrer für Ethik in der Sozialen Arbeit und Nebenerwerbslandwirt: Professor Dr. Hans-Günter Gruber bezeichnet sich selbst als „Grenzgänger“. Waldbesitzer ist er noch dazu. Seine rund 2,5 Hektar Wald bei Sittenbach und Kaltenbach bewirtschaftet der Fachmann für Ehe- und Familienfragen selbst. „Aus dem Aspekt der Verantwortung der Schöpfung gegenüber“.

Sein Vater habe den Hof in Sittenbach in den 1970er Jahren erworben, 1987 sei der Grund in Kaltenbach dazugekommen. „Ich habe den Wald erworben und damit auch die Verantwortung, ihn zu hegen und zu pflegen, auch wenn ich selbst nichts mehr davon haben werde“, sagt Gruber. Im Januar habe er Holz eingeschlagen. „Ich habe geerntet, was andere vor uns gepflanzt haben.“ Gemeinsam mit seiner Frau Gisela und Sohn Simon pflanzt er nun selbst: 925 Stieleichen waren es in Kaltenbach in diesem Frühjahr. „Wir denken über die nächsten Jahrzehnte hinaus. Deshalb pflanzen wir in unserem Wald Eichen und Buchen, aber auch Bergahorn und Weißtanne.“ Ein „verantwortlicher Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie“ ist es, was Gruber anstrebt.
Denn die Fichte bekommt zunehmend Probleme mit dem Klimawandel. Sie ist ursprünglich ein Baum des Gebirges und Nordeuropas und mag es feucht und kühl. Ins Flachland wurde sie von Menschenhand gebracht. Sie wächst hier sehr schnell und ist wirtschaftlich sehr interessant. Immer heißere, trockenere Sommer machen ihr jedoch massiv zu schaffen, so dass sie zunehmend anfällig wird für Schädlinge, wie zum Beispiel Borkenkäfer. Zu den Hitzewellen kommen immer heftigere Stürme. Auf vielen Standorten kann die Fichte im Flachland nur ein flaches Wurzelsystem ausbilden. Sie wird daher deutlich schneller entwurzelt als andere Baumarten.
Die kahlgeschlagene Fläche in Grubers Fichten-Bestand bei Kaltenbach ist ein typischer Fall: Der „Kupferstecher“, eine Borkenkäfer-Art die eher an jüngere Fichten geht, hatte sich hier eingenistet. Befallene Bäume mussten entnommen werden, um einer weiteren Verbreitung Einhalt zu gebieten. In die Lücke pflanzt Gruber nun Weißtannen. Die fühlen sich im Schatten der verbliebenen Fichten wohl und können in deren Schutz als kommende Waldgeneration heranwachsen. Tannen, Buchen, Eichen und Ahorn kommen mit der Klimaerwärmung besser zurecht als die Fichte und haben Stürmen dank ihres stabileren Wurzelsystems deutlich mehr entgegenzusetzen.
Die Fichte verteufeln will Gruber aber nicht. Dort, wo sie sich natürlich verjüngt, werde sie auch gepflegt. Als eine von mehreren Baumarten. Um seinen Wald gut für die Zukunft zu rüsten, baut ihn Gruber „konsequent Stück für Stück um“ in einen stabilen Mischwald.
Dabei kann er auf Förster Franz Knierer zählen, der im Forstrevier Odelzhausen Waldbesitzer berät. Er weiß, welche Baumarten auf welchen Standorten am besten wachsen und am meisten Zukunft haben. Diese Beratung schätzt Gruber sehr. Auch die der Waldbauernvereinigung, die ihn unter anderem bei der Vermarktung des Holzes unterstützt. „Es ist einfach wichtig, dass ich als waldbaulicher Laie umfassend Rat einholen kann.“ Und dass es für den Waldumbau auch noch Fördergelder gibt, „ist einfach toll“.
Die Fichte wird immer mehr zum Risikofaktor

Landkreis Dachau – Es ist alarmierend: Das erklärte Klima-Ziel der internationalen Gemeinschaft, die Erd-Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu beschränken, wird der Landkreis Dachau höchstwahrscheinlich verfehlen: Die Wetterstation in Großberghofen (Gemeinde Erdweg) verzeichnete nämlich einen Anstieg der jährlichen Durchschnittstemperatur von 7,5 Grad (Messperiode 1961-1990) auf 8,9° Celsius (2000-2016). Dieses Tempo ist beängstigend. Gleichzeitig gingen die durchschnittlichen jährlichen Niederschläge um 85 Liter pro Quadratmeter zurück, das ist ein Minus von 10 %.

Der wenige Wald - mit 16 Prozent Waldfläche ist der Landkreis Dachau einer der waldärmsten in Bayern – besteht Schätzungen zufolge zu 80 Prozent aus Fichte. Wenngleich die Fichte hier noch sehr gute Wuchsleistungen erzielt (nicht umsonst wird sie als „Brotbaum der Forstwirtschaft“ bezeichnet), werden Fichten-Reinbestände auf durchlässigeren Böden im Klimawandel immer mehr zum Risikofaktor.
Die Fichte wird in Zukunft nur noch auf gut wasserspeichernden Böden in schattseitigen Lagen und in Mischung mit klimastabileren Baumarten wie der Buche, dem Bergahorn, der Tanne oder der Douglasie eine wichtige Baumart bleiben. Frei nach dem in der Finanzwelt geprägten Motto „wer streut, rutscht nicht“.
Die leichter zersetzbare und nährstoffreichere Laub- und Nadelstreu der Mischbaumarten trägt entscheidend zur Verbesserung der Waldböden bei, was wiederum auch der Fichte zu Gute kommt.
Allerdings sinkt die Zahl der Waldbesitzer, die ihren Lebensunterhalt mit Land- und Forstwirtschaft verdienen. Etwa ein Fünftel, so schätzt Peter Göttler, Geschäftsführer der Waldbauernvereinigung Dachau, gehört derzeit schon zu den „urbanen Waldbesitzern“, Tendenz steigend. Viele von ihnen haben einfach nicht die Zeit oder das Wissen, sich genug um ihren Wald zu kümmern. Dabei ist es gerade im Klimawandel wichtiger denn je, den Wald zu pflegen.
Hier helfen die Waldbauernvereinigung (WBV) und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gerne weiter. Das Angebot reicht von der Beratung bis hin zum „Rundum sorglos“-Paket in Form eines Waldpflegevertrags, bei dem die WBV den Wald gemäß den Wünschen des Besitzers treuhänderisch verwaltet.

„Verschiedene Grün-Töne sind gut für die Seele“

Leonhard Mösl begutachtet eine der Tannen, die im Schatten 70-jähriger Fichten heranwachsen und gemeinsam mit Rotbuchen (im Hintergrund) die nächste Waldgeneration bilden werden.Zoombild vorhanden

Leonhard Mösl begutachtet eine der Tanne

Leonhard Mösl baut seinen Wald aus mehreren Gründen um
Ebertshausen - Riesen-Mammutbäume, Akazien, Wal- und Schwarznuss, Weymouth-Kiefern, Esskastanien und Elsbeeren wachsen im Wald von Leonhard Mösl aus Ebertshausen. Er ist Biobauer, Waldbesitzer und Vorsitzender der Waldbauernvereinigung (WBV) Dachau. „Ein bisserl ein Faible für Exoten und Raritäten hab ich schon“, gibt er zu. „Aber das sind meistens Einzelbäume. Ihr Anteil am gesamten Wald liegt im Promill-Bereich.“ Solche Besonderheiten pflanzt Mösl gern am Wegesrand, damit sich auch Spaziergänger daran erfreuen können.

Um seinen Wald fit zu machen für den Klimawandel reicht das selbstverständlich nicht aus. Mösl hat nach eigenen Worten mittlerweile vier Fünftel seiner gut 33 Hektar Wald von hochgradig risikobehafteten reinen Fichten-Forsten in stabile Mischbestände umgebaut. Und zwar mit heimischen, standortgerechten Baumarten. Als „Fremdländerin“ spielt nur die Douglasie eine größere Rolle.
In vielen Beständen ging der Umbau unfreiwillig schneller als geplant, erzählt Mösl. Fichten, die auf vielen Standorten nur ein flaches Wurzelsystem ausbilden, werden leicht von Stürmen entwurzelt. Auch in seinem Wald. Auf den Freiflächen, die durch Sturmwürfe entstanden sind, hat er Bergahorn, Stieleiche und Douglasie gepflanzt, Birken kamen von selbst dazu. Unter den Fichten, die noch stehen, wachsen schattenverträgliche Tannen und Buchen als nächste Waldgeneration heran.
„Ich baue meinen Wald aus mehreren Gründen um“, sagt Mösl. „Mischbestände sind einfach stabiler gegen Wärme, Stürme, Krankheiten und Schädlinge.“ Außerdem sei es ihm „ein persönlicher Genuss, in einem gemischten Bestand die unterschiedlichen Grün-Töne zu betrachten. Das ist einfach schön. Sowas tut der Seele gut.“ Mösl zieht bei der Waldbewirtschaftung Parallelen zum Ackerbau: „Eine nachhaltige Bewirtschaftung hat nur ihre Gültigkeit, wenn ich mit einer Fruchtfolge arbeite. Man muss sich mal die Bodenversauerung anschauen, die Fichtenreinbestände verursachen.“ Die Nadelstreu der Fichten ist relativ schlecht zersetzbar. Die Böden versauern, die Bäume werden schlechter mit Nährstoffen versorgt, das Bodenleben wird beeinträchtigt. Die Blattstreu von Laubbäumen hingegen kann von Bodenorganismen schneller umgesetzt werden. Dadurch verbessert sich der Humus-Zustand, es stehen mehr Nährstoffe zur Verfügung. Das abgeworfene Laub der Bäume wirkt somit wie eine Art Dünger. Die Böden können sich nach dem Umbau des Waldes regenerieren. Ihre Leistungsfähigkeit steigt. Das ist sinnvoll, ökologisch wie ökonomisch.
Ein Problem in Fichten-Reinbeständen sind neben Schädlingen wie dem Borkenkäfer auch Krankheiten: „Von einer Waldgeneration auf die nächste habe ich mehr Hallimasch und Rotfäule im Holz“, spricht Mösl aus Erfahrung. Mit solchen Pilzerkrankungen können sich Fichten über ihre Wurzeln generationenübergreifend anstecken. Die Pilze entwerten das Holz stehender Fichten, manche Arten bringen den Baum zum Absterben. Gemischte Bestände hingegen senken das Risiko deutlich, da die Ansteckungsgefahr minimiert wird. „Ist die Fichte denn ein Brotbaum, wenn ich im Schnitt 50 Prozent Schadholz durch Krankheiten, Schädlinge oder Sturm habe?“, gibt Mösl zu bedenken.
Mit Blick auf mannshohe Rotbuchen, die unter etwa 70-jährigen Fichten heranwachsen, sagt er schmunzelnd: „Ich bin mal gespannt, was meine Enkel und Urenkel einmal sagen werden: Entweder: ,Der Großvater - ein verreckter Hund war er schon' oder: ,So ein Depp!'“
Der Wald im Landkreis Dachau ist in guten Händen
Der Landkreis Dachau gehört mit einem Waldanteil von nur 16 Prozent zu den waldärmsten Regionen Bayerns. 9160 Hektar Wald sind es insgesamt, 85 Prozent davon befinden sich in Privatbesitz. Im Durchschnitt gehören jedem Waldbesitzer etwas über zwei Hektar.
Von den 3600 Waldbesitzern im Landkreis Dachau sind rund 1420 in der Waldbauernvereinigung (WBV) Dachau organisiert. Darunter sind Mitglieder mit Waldbesitz über 20 Hektar Größe ebenso wie solche mit nur einem halben Hektar Wald. Sie alle profitieren von dem gemeinnützigen Zusammenschluss privater, kommunaler und kirchlicher Waldbesitzer. Aufgabe der WBV ist es, ihre Mitglieder bei der Bewirtschaftung ihres Waldes zu unterstützen - von der Beratung über Pflanzung und Pflege bis hin zum Holzverkauf.
Wie WBV- Vorsitzender Leonhard Mösl berichtet, verzeichnet die WBV einen stetigen Mitgliederzuwachs von etwa 15 bis 20 Waldbesitzern pro Jahr. „Die Fläche, die von der WBV betreut wird, vergrößert sich dadurch aber auch nur um 15 bis 20 Hektar“, sagt er. Bei den Neuzugängen handle es sich oft um junge Waldbesitzer oder solche, die in der Stadt wohnen. „Die sagen, sie kennen sich nicht aus und nehmen die Hilfe der WBV in Anspruch.“
Denn den Wald einfach sich selbst zu überlassen, das geht nicht. Und zwar nicht nur, weil man Ärger mit dem Waldnachbarn bekommt, wenn sich ein Borkenkäfer-Befall auf dessen Wald ausbreitet. Wer Wald besitzt, ist auch gesetzlich dazu verpflichtet, ihn nachhaltig zu bewirtschaften. Denn nur dann kann er seine vielfältigen Funktionen dauerhaft erfüllen: vom Schutz von Klima, Wasser, Luft und Boden, Tieren und Pflanzen, für die Landschaft und den Naturhaushalt bis hin zur Holzproduktion und als Erholungsraum.
Die WBV Dachau arbeitet eng mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) zusammen. Die Amtsförster Franz Knierer (Revier Odelzhausen) und Lisa Schubert (Revier Markt Indersdorf) stehen den Waldbesitzern mit ihrem Fachwissen zur Seite.

Weitere Informationen und Kontaktdaten gibt es unter